Sehr geehrte Frau Botschafterin,
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich sehr, den Digi Day 2024 hier in meiner Heimatstadt eröffnen zu dürfen.

Ein herzliches Willkommen an alle Teilnehmenden aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Unser Zusammentreffen heute steht im Zeichen der Modernisierung und Digitalisierung unserer Verwaltungen. Digitalisierung ist ein strategisches Thema, und über Strategien werden wir uns heute austauschen.

Jemand, unsichere Quellen sprechen von Karl Kraus, dem österreichischen Schriftsteller, soll einmal gesagt haben: «Strategie ist, wenn man vorher überlegt, was man nachher anders hätte machen sollen.» Das hat wohl einen wahren Kern. Gerade bei der Digitalisierung im Allgemeinen und bei der Künstlichen Intelligenz im Speziellen wissen wir noch nicht, wohin die Reise wirklich führt.

Was wir aber wissen: Digitalisierung und insbesondere KI verändern unsere Arbeitswelt, Gesellschaft und Wirtschaft massiv. Dabei ist der technologische Fortschritt faszinierend: Sie alle kennen die Beispiele. So hatte die erste Genomsequenzierung vor rund 20 Jahren eine Projektdauer von 13 Jahren. Die Kosten des Human Genome Projects kostete 3 Milliarden US-Dollar. Heute dauert eine Genomsequenzierung Minuten; die Kosten sind bald vernachlässigbar. Sie kennen weitere Beispiele wie KI für Krebsdiagnose, Entwicklung von Softwarecode oder Optimierung des Energieverbrauchs. Es werden Dinge möglich, die noch vor wenigen Jahren unrealistisch waren.

Gleichzeitig gibt es auch Ängste vor Kontrollverlust. Es ist bequem, dass unsere Ferienfotos mit GPS-Daten versehen sind und wir jederzeit unsere Reisen rekonstruieren können. Bei Verlust des Mobiltelefons kann man alles sofort aus der Cloud wieder herstellen. Gleichzeitig findet man es nicht nur toll, wenn einem ein Fotorückblick mit der eigenen Familie vorgeschlagen wird, obwohl man diese Informationen nie bekannt gegeben hat. Aber wenn man an verschiedenen Orten immer wieder dieselben Personen fotografiert, ist es natürlich einfach für einen Algorithmus zu erraten, dass dies die Familie sein könnte (hoffentlich…). Gleichzeitig möchten wir natürlich, dass unsere Reiseroute privat bleibt und diese Daten nicht von Dritten ausgewertet werden.

Vom Staat erwartet die Bevölkerung ebenfalls beides: Dienstleistungen in der Geschwindigkeit, wie sie es vom täglichen Gebrauch auf ihrem Smartphone kennt – plus strengen und individuell festlegbaren Datenschutz. Vor allem bei ersterem haben wir noch einen Weg zu gehen, aber wir machen Fortschritte: Die Schweiz hat beispielsweise leider noch immer keine elektronische Identitätskarte im Betrieb, aber wir haben eine in meinen Augen innovative Lösung für deren Umsetzung gefunden. Wir verwenden die sogenannte «Self-sovereign-Identity-Technologie». Diese ist zwar noch jung, aber erlaubt, dass die Daten ausschliesslich bei der Inhaberin oder beim Inhaber sind und dass nur diejenigen Daten herausgegeben werden, die er oder sie will. Beim Alkoholkauf beispielsweise nur das Alter, aber nicht den Namen. (Auf Dating-Plattformen eventuell umgekehrt…). Damit erreichen wir einen höheren Datenschutz als mit der physischen Identitätskarte.

Souveränität wird aber nicht nur im Kontext von Einzelpersonen, sondern auch betreffend den Staat rege diskutiert: Wie kann sich ein Land seine Handlungsfreiheit auch im digitalen Umfeld erhalten bzw. schaffen? Wie sehen erfolgreiche Strategien und best practices im Umfeld von Cyberrisiken aus?

Unsere drei Länder stehen alle vor solchen Herausforderungen: Umgang mit KI inklusive deren Regulierung, E-ID, Datenschutz, Cybersecurity oder der Aufbau nutzerfreundlicher Dienstleistungen. Diese Herausforderungen werden wir heute diskutieren und hoffentlich von den Erfahrungen untereinander lernen.

Denn gerade im Umfeld der Digitalisierung gilt: „Wenn man teilt, haben alle mehr.“ Die Bedeutung und der Wert eines solchen Austauschs können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Jedes Land bringt seine eigenen Erfahrungen und Lösungsansätze ein, wodurch wir gemeinsam ein breiteres Spektrum an Herausforderungen bewältigen können.

Ein gutes Beispiel für die erfolgreiche internationale Zusammenarbeit ist das Thema Open Source.

Seit dem 1. Januar 2024 muss in der Schweiz gemäss dem «Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben» (kurz EMBAG) alle vom Bund erstellte Software als Open Source publiziert werden. In der Bundeskanzlei erarbeiten wir nun Empfehlungen für die Umsetzung dieser Vorgabe.

Hier möchten wir von den Erfahrungen des deutschen Zentrums für digitale Souveränität, ZenDis profitieren. Das ZenDis will eine OpenSource Office- und Collaboration-Suite anbieten, die auf die Bedürfnisse der Behörden zugeschnitten ist. Offenbar gibt es dafür bereits Zusammenarbeitsvereinbarungen mit Österreich und auch die Schweiz beschäftigt das Thema sehr. Direkt mit Österreich verbindet uns unter anderem das Thema Geschäftsverwaltung GEVER (da ein Produkt aus Österreich unsere Ausschreibung gewonnen hat), und auch bei diesem Thema sind wir sehr am länderübergreifenden Austausch interessiert: Beispielsweise wie andere Behörden mit dem Zusammenspiel von immer mehr Collaboration-Anwendungen umgehen.

Wie bei OpenSource werden wir bei vielen anderen Themen voneinander lernen können – gerade in jenen Themen, bei denen unsere Nachbarn weiter sind als wir selber. Ich hoffe also, dass sie die Gelegenheit heute nutzen, sich rege austauschen und dass dadurch weitere, langfristige Kontakte zwischen unseren Ländern entstehen.

Alle drei Länder unserer Region haben starke föderale Strukturen. Vermutlich denkt jeder von seinem Land, dass man es am schwersten hat, alles unter einen Hut zu bringen… Ich bin überzeugt, dass wir auch hier voneinander lernen können.

Ich danke der Republik Österreich, ihrer Botschaft und Frau Botschafterin Rotheiser-Scotti und ihrem Teamfür die Schirmherrschaft (und den gestrigen Apero, von dem ich nur Gutes gehört habe) sowie allen weiteren Personen, welche die heutige Veranstaltung organisiert haben.

Und nun wünsche ich Ihnen allen einen spannenden DigiDay 2024!

Austausch Deutschland, Österreich und Schweiz zu Themen der digitalen Transformation